Ausgleichsabgabe

Bedeutung der Ausgleichsabgabe

Die Ausgleichsabgabe stellt ein wesentliches Instrument der deutschen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik dar. Sie wurde eingeführt, um die Teilhabe von Menschen mit Schwerbehinderung am Berufsleben gezielt zu fördern und die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Arbeitgeber mit einer bestimmten Mindestanzahl an Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht oder nur unvollständig nach, müssen sie eine finanzielle Abgabe leisten.

Inhaltsverzeichnis

Alles Wissenswerte zur Ausgleichsabgabe

Das System verfolgt einen doppelten Zweck: Einerseits soll es einen klaren Anreiz schaffen, schwerbehinderte Menschen aktiv in die Belegschaften zu integrieren. Andererseits fließen die aus der Ausgleichsabgabe generierten Mittel in Fördermaßnahmen, die darauf abzielen, Barrieren abzubauen, Qualifizierungsangebote zu schaffen und die berufliche Integration schwerbehinderter Menschen weiter zu verbessern.

Zweck und Funktion der Ausgleichsabgabe

Die zentrale Aufgabe der Ausgleichsabgabe besteht darin, die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nachhaltig zu fördern. Unternehmen sollen motiviert werden, geeignete Arbeitsplätze bereitzustellen und damit einen aktiven Beitrag zur gesellschaftlichen Inklusion zu leisten.

Wenn Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nachkommen, wird die Ausgleichsabgabe fällig. Die eingenommenen Gelder werden gezielt eingesetzt, um:

  • Barrierefreie Arbeitsplätze zu schaffen oder bestehende Arbeitsplätze durch technische Hilfsmittel und bauliche Maßnahmen an die Bedürfnisse schwerbehinderter Arbeitnehmer anzupassen.
  • Bildungs- und Weiterbildungsprogramme zu entwickeln, die es schwerbehinderten Menschen erleichtern, neue berufliche Kompetenzen zu erwerben oder bestehende Kenntnisse zu vertiefen.
  • Arbeitgeber zu beraten und zu unterstützen, damit diese in der Lage sind, geeignete Rahmenbedingungen für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu schaffen.

Auf diese Weise trägt die Ausgleichsabgabe unmittelbar zur Beseitigung struktureller Benachteiligungen bei und stärkt die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt.

Rolle der Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit nimmt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung und Verwaltung der Ausgleichsabgabe ein. Ihre Aufgaben umfassen:

  • Erfassung und Überwachung der Erfüllung der Beschäftigungspflicht durch die Arbeitgeber
  • Berechnung und Festsetzung der Höhe der Ausgleichsabgabe anhand der gemeldeten Zahlen
  • Verwaltung der eingezahlten Gelder und deren zielgerichtete Verwendung für Projekte und Programme zur Arbeitsmarktintegration
  • Beratung von Unternehmen zu allen Fragen rund um die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen

Durch diese umfassende Verantwortung stellt die Bundesagentur sicher, dass die Mittel effizient eingesetzt werden und tatsächlich zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen beitragen.

Berechnung der Ausgleichsabgabe

Grundlagen der Berechnung

Die Höhe der Ausgleichsabgabe hängt von zwei Hauptfaktoren ab:

  • der Anzahl der unbesetzten Pflichtarbeitsplätze,
  • der Gesamtgröße des Unternehmens.

Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an schwerbehinderte Menschen zu vergeben. Wird diese Quote nicht erreicht, wird für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine Abgabe fällig.

Die Abgabehöhe ist gestaffelt: Je weniger schwerbehinderte Menschen ein Unternehmen beschäftigt, desto höher fällt die Zahlung pro unbesetztem Arbeitsplatz aus. Dieses gestufte Modell soll einerseits Fairness gewährleisten und andererseits besonders größere Arbeitgeber stärker in die Verantwortung nehmen.

Anrechenbarkeit von Aufträgen, die ein Unternehmen an eine Werkstatt für behinderte Menschen vergeben hat

Unternehmen, die Aufträge an anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) oder Blindenwerkstätten vergeben, können 50 Prozent der Arbeitsleistung von der zu zahlenden Ausgleichsabgabe abziehen. Einkaufen können Firmen nicht nur Produkte, sondern auch Dienstleistungen, die von einer WfbM ausgeführt werden. Durch diese Regelung (§ 223 SGB IX) haben beschäftigungspflichtige Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen einen Anreiz, Aufträge an WfbM zu vergeben!

Wie hoch der Anteil für die Arbeitsleistung der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist, hängt von der Höhe der Materialkosten ab und davon, wie viele nicht behinderte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zum Arbeitsergebnis beitragen.

Dieser Beitrag ist für jede Werkstatt anders und wird nach einem Schlüssel ermittelt, der in den meisten Bundesländern zwischen Integrations-/Inklusionsämtern und Werkstätten abgestimmt wurde. Die WfbM weist den Betrag für die Arbeitsleistung auf der Werkstattrechnung gesondert aus.

Konkret anrechenbar sind:

  • Aufträge, die im jeweiligen Anzeigejahr von der Werkstatt ausgeführt wurden und spätestens bis 31. März des Folgejahres bezahlt wurden.
  • Aufträge, die vom beschäftigungspflichtigen Unternehmen direkt an die Werkstätten erteilt und bezahlt wurden. Eine Weiterreichung an Dritte ist nicht zulässig.

Falls Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen mehrere Aufträge im Anzeigejahr an eine Werkstatt vergeben haben, können sie um eine Jahresrechnung bitten. Einige Werkstätten tun dies schon automatisch!

Übrigens: Schwerbehinderte Menschen, die in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten und als Maßnahme zur Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in einem Unternehmen beschäftigt werden, können für diese Zeit auf einen Pflichtarbeitsplatz angerechnet werden.

Erhöhung 2024

Ab dem Jahr 2024 wurde die Ausgleichsabgabe angehoben. Die Erhöhung trägt den gestiegenen Anforderungen an Inklusion und berufliche Teilhabe Rechnung. Ziel ist es, zusätzliche finanzielle Ressourcen zu schaffen, um mehr Förderprogramme auflegen und bestehende Initiativen ausbauen zu können. Die Erhöhung dient zugleich als zusätzlicher Anreiz für Arbeitgeber, ihre gesetzliche Beschäftigungspflicht ernster zu nehmen und aktiv Maßnahmen zur Integration schwerbehinderter Menschen zu ergreifen.

Beschäftigungsquote und Pflichten der Arbeitgeber

Nach § 154 SGB IX sind Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Stellen an schwerbehinderte Menschen zu vergeben. Diese gesetzliche Vorgabe stellt sicher, dass Menschen mit Behinderungen eine faire Chance auf Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten.

Wird die Quote nicht erfüllt, besteht die Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsabgabe. Diese gesetzliche Regelung soll Unternehmen dazu bewegen, ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst zu nehmen und zur Gestaltung eines inklusiven Arbeitsumfelds beizutragen.

Anzeige der Ausgleichsabgabe

Verfahren und Fristen

Einmal jährlich müssen Arbeitgeber der zuständigen Agentur für Arbeit eine Anzeige über die Erfüllung ihrer Beschäftigungspflicht übermitteln. Diese Anzeige muss spätestens bis zum 31. März des Folgejahres erfolgen und folgende Informationen enthalten:

  • die Gesamtzahl der Arbeitsplätze im Unternehmen,
  • die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten,
  • die Zahl der unbesetzten Pflichtarbeitsplätze.

Parallel dazu muss auch die Zahlung der errechneten Ausgleichsabgabe bis zu diesem Datum erfolgen.

Notwendige Angaben

Für die korrekte Ermittlung der Abgabehöhe sind vollständige und wahrheitsgemäße Angaben erforderlich, darunter:

  • die durchschnittliche Beschäftigtenzahl im Unternehmen im abgelaufenen Jahr,
  • die Anzahl der tatsächlich besetzten Pflichtarbeitsplätze,
  • Angaben zu etwaigen geschützten Arbeitsplätzen oder Ausnahmeregelungen.

Nur eine vollständige und ordnungsgemäße Meldung ermöglicht eine faire und transparente Berechnung der Ausgleichsabgabe.

Konsequenzen bei Nichteinhaltung

Wird die Pflicht zur Anzeige oder zur fristgerechten Zahlung der Ausgleichsabgabe verletzt, drohen folgende Konsequenzen:

  • Verzugszinsen auf die ausstehende Zahlung,
  • Bußgelder bei wiederholten oder schweren Verstößen,
  • Zwangsmaßnahmen wie die Einleitung von Verwaltungsverfahren durch Integrationsämter oder die Agentur für Arbeit.

Zusätzlich kann die unterlassene Zahlung oder Meldung zu einem erheblichen Imageverlust führen. Unternehmen, die als wenig inklusiv wahrgenommen werden, haben Nachteile bei der Rekrutierung neuer Talente und bei ihrer öffentlichen Reputation.

Unterstützung durch das Integrationsamt

Das Integrationsamt unterstützt Arbeitgeber umfassend dabei, schwerbehinderte Menschen in das Arbeitsleben zu integrieren. Es bietet:

  • Individuelle Beratung zur barrierefreien Gestaltung und ergonomischen Anpassung von Arbeitsplätzen,
  • Finanzielle Förderungen für notwendige Umbauten, technische Hilfsmittel oder Lohnkostenzuschüsse,
  • Angebote für Schulungen und Workshops, um Belegschaften für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren,
  • Vermittlung von geeigneten schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern.

Durch diese Dienstleistungen hilft das Integrationsamt Unternehmen dabei, nicht nur gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern auch einen aktiven Beitrag zur gesellschaftlichen Inklusion zu leisten.

Zahlung der Ausgleichsabgabe

Die Zahlung der Ausgleichsabgabe erfolgt direkt an die Bundesagentur für Arbeit. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Zahlung eigenverantwortlich und fristgerecht – ebenfalls bis zum 31. März des Folgejahres – vorzunehmen.

Die Mittel werden ausschließlich für Projekte und Maßnahmen verwendet, die die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsmarkt fördern. Damit trägt jede gezahlte Abgabe konkret zur Verbesserung der Arbeitschancen für Menschen mit Behinderung bei.

Auswirkungen einer verspäteten Zahlung

Eine verspätete Zahlung kann erhebliche Konsequenzen haben:

  • Erhebung von Verzugszinsen, die die finanzielle Belastung zusätzlich erhöhen,
  • Zwangsmaßnahmen wie Mahnverfahren oder gerichtliche Vollstreckung,
  • Imageverlust als sozial unverantwortliches Unternehmen.

Daher ist es im eigenen Interesse der Arbeitgeber, Fristen einzuhalten und die gesetzlichen Verpflichtungen ernst zu nehmen, nicht zuletzt um das eigene Unternehmen als attraktiven und verantwortungsvollen Arbeitgeber zu präsentieren.

Zusammenfassung: Warum die Ausgleichsabgabe wichtig ist

Die Ausgleichsabgabe ist weit mehr als nur eine Sanktion für unbesetzte Pflichtarbeitsplätze. Sie ist ein zentrales Element der Inklusionspolitik in Deutschland und erfüllt mehrere wichtige Funktionen:

  • Motivation der Unternehmen, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen,
  • Finanzierung nachhaltiger Förderprogramme und Projekte zur Integration,
  • Schaffung von Chancengleichheit und Abbau struktureller Barrieren auf dem Arbeitsmarkt,
  • Förderung von Vielfalt, sozialer Verantwortung und gesellschaftlichem Zusammenhalt.

Unternehmen, die ihrer Beschäftigungspflicht nachkommen, leisten einen wertvollen Beitrag zur Inklusion und stärken zugleich ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit durch Vielfalt und soziale Kompetenz.